Rückblick | 2024
12. Kulturkonferenz Ruhr
Muse oder Monster? - Künstliche Intelligenz in Kunst und Kultur
Die 12. Kulturkonferenz Ruhr fand am 19. September 2024 in der Lichtburg in Essen statt.
In einer Industrieregion wie dem Ruhrgebiet ist das Zusammenwirken von Mensch und Maschine seit jeher eine besondere Herausforderung. Die rasante technische Entwicklung der KI stellt diese Beziehung auf eine neue Stufe. Ihr Einfluss auf unseren Alltag hat stark zugenommen, spätestens seit dem revolutionären Erfolg von ChatGPT.
Muse oder Monster: Die 12. Kulturkonferenz Ruhr 2024 thematisierte die Auswirkungen von KI auf Kunst und Kultur. Welche Chancen ergeben sich für die Kunst und den Kultursektor durch den Einsatz von KI? Welche Risiken müssen im Blick behalten werden? Welche Regulierungen sind notwendig? Inwiefern müssen sich kulturpolitische Strategien verändern, um eine vertrauensvolle und konstruktive Nutzung von KI-basierten Systemen zu gewährleisten? Wie wird Kultur in die politischen Digitalstrategien eingebunden?
Der Regionalverband Ruhr organisiert die jährliche Kulturkonferenz Ruhr zusammen mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und lädt Expert*innen unterschiedlicher Disziplinen ein. 2024 wurde das Thema KI mit einem Fokus auf die Region Ruhr beleuchtet.
Die Dokumentation der Konferenz stellen wir Ihnen kostenlos als PDF zum Download oder in der Printversion zur Bestellung per Post bereit.
Die Texte zur Kulturkonferenz 2024 wurden von jungen Menschen aus dem Redaktionsteam von Strobo Ruhr erstellt. Sie resümieren die Beiträge, Fragen und Ergebnisse aus den verschiedenen Panels und Diskussionsrunden.
Eva von Redecker: Die Macht der Tech-Giganten und die Kraft der Kreativen
Was bedeutet KI für künstlerisches Schaffen? Eine Ersetzbarkeitsangst treibt viele kreative Menschen um. Doch diese Angst lenkt unsere Aufmerksamkeit von größeren Problemen ab: Die Entwicklung der KI ist durch Quasi-Monopole der Tech-Giganten gesteuert, die faktisch über dem Recht stehen, weil beispielsweise Urheberrechtsbrüche beim ChatGPT-Training nie geahndet wurden. Die Kunst sollte auf diese Verstöße nicht defensiv reagieren, sondern utopisch-progressiv. Modelle müssen politisiert und durch Alternativ-Entwürfe ergänzt werden, wenn auch nur in der Fantasie. Die Rolle der Kreativen in diesen Entwicklungen ist nicht zu unterschätzen. Wie können wir einwirken auf das, was im Silicon Valley passiert? Und wie können wir auf der Höhe der Gegenwartstechnologie kreativere Kunst machen, statt einfach nur künstlichere?
Der vollständige Impulsvortrag ist in der Dokumentation abgedruckt.
Foto: Sofia Brandes
Tina Lorenz: Panisches Staunen und maschinelles Denken. KI verändert alles – und nichts.
Der Medienphilosoph Alan Warburton identifizierte 2023 zwei Geisteszustände, wenn wir Menschen über KI sprechen: Staunen ob der Errungenschaften und exponentiellen Entwicklung der Fähigkeiten Künstlicher Intelligenz; und Panik, ob dies nun das Ende menschlicher Kreativität bedeute. Tatsächlich ist die technologische Entwicklung um einiges schneller als unsere gesellschaftlichen Verabredungen über KI. Wie wollen wir in Zukunft mit Deepfakes, Musik und Video auf Knopfdruck und der Tatsache umgehen, dass man keine Ratgeberbücher mehr kaufen sollte, die nach 2022 erschienen sind? KI als Werkzeug oder Entität, als Systemsprenger oder Hilfsmittel, als Monster oder Muse. Wie wir mit der Technologie in Zukunft umgehen wollen, liegt vor allem an uns, den Menschen.
Mehr zum Impulsvortrag in der Dokumentation.
Foto: Sofia Brandes
Prof. Dr. Rolf Schwartmann: KI und Urheberrecht. Recht für Menschen, Musen und Monster.
KI birgt für schöpferisch tätige Menschen Chancen und Risiken. Wer sie in sein kulturelles Schaffen einbindet, nutzt ein hochkomplexes und potenziell gefährliches Werkzeug und muss die Vorgaben der KI-Verordnung beachten und Fragen beantworten können: Was bedeutet der Einsatz von KI für die Kunst und kann man Rechte an einer »KI-Schöpfung« haben und durchsetzen? Umgekehrt stellt sich die Frage: Was tun, wenn man seine Schöpfungen in von KI erzeugten Inhalten wiederfindet? Welchen Schutz gewährt das Urheberrecht, wie kann man ihn in Anspruch nehmen und durchsetzen?
Mehr zum Impulsvortrag in der Dokumentation.
Foto: Sofia Brandes
Prompting for Paradise
Wie begegnen wir der KI? Sind wir inspiriert, überfordert, besorgt? Die Teilnehmenden der Konferenz wurden mit Hilfe ihrer Smartphones selbst Teil eines künstlerischen Prozesses: Durch Interaktion mit einem von Cylvester aufgesetzten KI-System generierten sie in Echtzeit den Content für die finale Performance, indem sie in einen Dialog mit dem KI-System traten. In einem Showing mit reaktiver Klangvisualisierung am Ende der Konferenz wurde der vor Ort generierte Content in Form eines Live-Mashups präsentiert.
Eine Produktion von Save the World in Zusammenarbeit mit dem Duo Cylvester für interaktive Digitalkunst, Max Schweder und Tobias Hartmann
Video Art: DIS-AI-DENTIFICATION
In der Videoarbeit DIS-AI-DENTIFICATION setzt sich Janne Kummer mit der Politik der Repräsentation und Identität in Bezug auf KI-generierte Bilder und Avatare auseinander. Die Arbeit erforscht die sozio-politischen Auswirkungen von KI auf Identität und Gesellschaft, mit einem besonderen Fokus auf der Reproduktion normativer und diskriminierender Körperbilder im Kontext der algorithmischen Bildsynthese. Dabei analysiert sie, wie KI-generierte Bilder stereotype Identitäten formen und gesellschaftliche Überzeugungen beeinflussen.

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Dr. Miriam von Gehren
Projektmanagement
Referat für Kultur, Sport und Industriekultur
Team Kultur